In Deutschland konnen Frauen ihre Kinder anonym zur Welt bringen. Das bedeutet, dass keine Angaben zur Person festgehalten werden. Fur die anonyme Geburt gibt es, ebenso wie fur die anonyme Abgabe uber eine Babyklappe, keine rechtliche Grundlage. Die einzige legale Moglichkeit, ein type vorubergehend ohne Meldung der Personendaten abzugeben, ist die vertrauliche Geburt, die seit 2014 in Deutschland vorgesehen ist.
Uberblick
- 1 Einfuhrung der anonymen Geburt
- 2 Rechtliche Entwicklung der anonymen Geburt
- 3 Ablauf einer anonymen Geburt
- 4 Anzahl der anonymen Geburten und Verbleib der anonym geborenen Kinder
- 5 Aktuelle Circumstances in Deutschland
- 6 Anonyme Geburt im internationalen Kontext
- 7 Quellenangaben
- 8 Literaturhinweise
1 Einfuhrung der anonymen Geburt
Im Jahr 1999 initiierte der Sozialdienst katholischer Frauen im Rahmen des Moses-Projekts mit der anonymen Ubergabe das erste Angebot der anonymen Kindesabgabe (Kuhn 2005). Ebenso wie bei einer Abgabe uber eine Babyklappe, ist hier allerdings die Voraussetzung, dass eine Frau sowohl die Schwangerschaft als auch die Geburt ohne medizinische Unterstutzung bewaltigen muss. Um Frauen eine adaquate Begleitung anbieten zu konnen, erschuf das Moses-Projekt in Kooperation mit dem Kreiskrankenhaus St. Anna in Sulzbach-Rosenberg, die Moglichkeit der anonymen Geburt (Krell 2013). Der Hamburger Verein SterniPark, der eine bundesweite Notrufnummer fur schwangere Frauen eingefuhrt im that is und .
Kulturhistorisch betrachtet ist die anonyme Geburt, ebenso wie die Babyklappe, keine Erfindung der Neuzeit. Bereits 1748 wurde durch die Kaiserin Maria Theresia von Osterreich eine Art Findelkinderfursorge geschaffen, die dem heutigen Modell der anonymen Geburt entspricht. Frauen konnten unter einem Schleier oder einer Maske entbinden. Mittellose Frauen mussten fur eine kostenfreie Entbindung ein „Armenzeugnis“ beibringen, dessen Daten geheim gehalten wurden (Mielitz 2006). Frauen aus hoheren Standen hatten zu entrichten that is einen obolus bzw. diesen in Form ihrer Arbeitskraft als Amme oder Pflegerin zu erbringen (ebd.).
2 Rechtliche Entwicklung der anonymen Geburt
Nachdem die anonyme Geburt in Deutschland ihre Renaissance erlebte, gab es mehrere Versuche, den Angeboten zur anonymen Kindesabgabe einen rechtlichen Rahmen zu verleihen. Neben einer Vielzahl von fachpolitischen Stellungnahmen unterschiedlicher Parteien, Organisationen und Verbande (Coutinho und Krell 2011, S. 32 ff.) wurden vier Gesetzesentwurfe eingereicht, von denen aber kein einziger das Gesetzgebungsverfahren bis zum Schluss durchlaufen konnte. Am 12.10.2000 reichte die CDU/CSU-Bundestagsfraktion einen ersten Gesetzesentwurf ein, der eine Verlangerung der Meldepflicht nach einer Geburt vorsah (Bundestag-Drucksache 14/4425 neu) und zielte damit auf eine Anderung des Personenstandgesetzes ab (Krell 2013, S. 33). Die Frist sollte von einer auf zehn Wochen verlangert werden, wenn eine Betreuung der Mutter durch eine staatlich anerkannte Schwangerenberatungsstelle gewahrleistet sei. Nach einer ersten Beratung im Bundestag wurde der Gesetzesentwurf weitergereicht im that is und einer Anhorung mehrerer Ausschusse vorwiegend kritisch beurteilt. Es fand keine weitere Verfolgung des Entwurfes statt und aufgrund des Diskontinuitatsprinzips verfiel die Gesetzesvorlage mit Ablauf der 14. Legislaturperiode. Der zweite Entwurf eines „Gesetzes zur Reglung anonymer Geburten“ wurde am 23.4.2002 eingereicht (Bundestag-Drucksache 14/8856). Er erhielt die Unterstutzung von allen Fraktionen mit Ausnahme der PDS-Fraktion. Im Rahmen eines Fachgespraches am 3.6.2002 wurden schwere Bedenken gegen das Gesetzesvorhaben geau?ert, had been zu einer gewissen Zuruckhaltung der Beteiligten fuhrte, wodurch das Gesetzesvorhaben ebenfalls mit Ablauf der 14. Legislaturperiode scheiterte (Will 2017, S. 54). Am 6.6.2002 brachte das Land Baden-Wurttemberg einen dritten Gesetzesentwurf in den Bundesrat ein (Bundesrat-Drucksache 506/02). Der Rechtsausschuss des Bundesrates vertagte die Entscheidung uber den Gesetzesentwurf, wodurch dieser wiederum verfiel. Anonyme Kindesabgabe legalisiert werden sollte in den drei ersten Gesetzesentwurfen wurde jeweils die Zielsetzung verfolgt, dass durch die Schaffung von rechtlichen Rahmenbedingungen. Das am 24.9.2004 in den Bundesrat eingereichte vierte Gesetzesvorhaben, welches eine uberarbeitete Fassung des Antrags vom 6.6.2002 darstellte, befasste hingegen that is sich moglichen Beratungs- und Unterstutzungsma?nahmen fur Mutter, die eine anonyme Abgabe ihres Kindes beabsichtigten. Hier gab es erstmals ein Umschwenken vom anonymen zu einem vertraulichen Modell, auch wenn diese Moglichkeit bereits fruher angedacht und diskutiert worden war (Will 2017, S. 55 ff.). Mit Inkrafttreten des „Gesetzes zum Ausbau der Hilfe fur Schwangere – Regelung der vertraulichen Geburt“ have always been 1. Mai 2014, wurde die als that are vertrauliche geburt abgesichertes Unterstutzungsmodell fur schwangere Frauen in Deutschland etabliert. Eine rechtliche Regelung fur die anonymen Angebote, die in Deutschland nach wie vor aufrechterhalten und werden that is genutzt gibt es bis heute nicht.
3 Ablauf einer anonymen Geburt
Im Rahmen einer anonymen Geburt muss die Frau heute keine Angaben zu ihrer individual machen. In ihrer Krankenakte wird ein Pseudonym eingetragen, die Kostenabrechnung erfolgt nicht uber ihre Krankenkasse sondern z.B. uber einen Spendenetat. Die jeweilige individuelle Ausstattung des Angebotes hangt von der Konzeption der einzelnen Trager und den Kooperationsstrukturen der beteiligten Akteur*innen ab. Frauen konnen sich bei Bedarf bereits im Laufe der Schwangerschaft beraten lassen bzw. werden auf Wunsch bei der Geburt begleitet. Allerdings melden sich die meisten Frauen wenige that is erst vor der Geburt bzw. bei den ersten Wehen – in einer Studie des Deutschen Jugendinstitutes (DJI) traf dies auf 75 percent von knapp 600 anonymen Geburten zu (Coutinho und Krell 2011).
Im Gegensatz zur Abgabe uber eine Babyklappe kann die Geburt medizinisch begleitet werden, wodurch das gesundheitliche Risiko fur die Frau und das Kind deutlich sinkt. Unbedenklich ist eine anonyme Geburt allerdings nicht: Kann das begleitende medizinische Personal nicht auf Informationen aus der Schwangerschaft zuruckgreifen, kann dies zu schwerwiegenden Problem fuhren, z.B. bei einer Schwangerschaftsdiabetes, einer Rhesusfaktor-Unvertraglichkeit oder eine Infektion der Mutter mit Herpes oder HIV, die eine entsprechende Versorgung des Kindes wahrend der Geburt notwendig machen (Kuhn 2005). Viele Frauen, die anonym ein Kind zur Welt gebracht haben, verlassen das Krankenhaus schnell wieder, die meisten innerhalb weniger Stunden (Coutinho und Krell 2011). Die Frauen haben nach der Geburt nur kurze Erholungsphasen bzw. wenig Zeit zur Rekonvaleszenz nach einem Kaiserschnitt. Auch der Mutterschutz vor und nach der Geburt entfallt. Nur so konnen die Frauen erreichen, dass ihr soziales Umfeld nichts von der Geburt erfahrt, die meist nach einer verheimlichten oder verdrangten Schwangerschaft stattgefunden hat, die von der Umwelt meist ebenfalls unentdeckt geblieben ist.