Eine in den USA durchgeführte Studie gibt Anlass zu der Annahme, dass die Auswirkungen von Diabetes Typ 2 auf das menschliche Gehirn bisher unterschätzt wurde. Die US-Forscher fanden heraus, dass das Gehirn von Diabetikern deutlich schneller altert als das von gesunden Menschen.
Die US-Studie mit mehr als 600 Diabetes-Patienten ergab, dass das Gehirn sich im Verlauf der Krankheit verkleinert. Dies weist auf eine beschleunigte Alterung des Gehirns hin. Das Ärzteteam um Dr. Nick Bryan von der Perelman School of Medicine in Philadelphia hat die Größe des Gehirns in Relation zu der Dauer der Diabetes-Erkrankung sowie den durchschnittlichen Blutzuckerwerten im nüchternen Zustand gesetzt. In der Auswertung stellte sich heraus, dass eine lange Diabetes-Erkrankung mit vergleichsweise hohem Blutzuckerspiegel zu einer Verkleinerung des Gehirns führt. Diese Verkleinerung bezieht sich vor allem auf die graue Hirnsubstanz, in der sich die Nervenzellen befinden.
Die Studienteilnehmer verloren innerhalb eines Zeitraums von 10 Jahren durchschnittlich 4,28 von 463,9 Kubikzentimetern ihrer grauen Hirnsubstanz. Dies entspricht einer deutlich beschleunigten Alterung des Gehirns. “Ihr Gehirn war nach dieser Zeit um zwei Jahre älter als das von gleichaltrigen Nicht-Diabetespatienten“, so nimmt Prof. Dr. med. Dirk Müller-Wieland, der als Mediensprecher für die Deutschen Diabetesgesellschaft fungiert, zu der Studie Stellung. Die Atrophie des Gehirns ließe sich jedoch nicht allein auf eine frühzeitige Verkalkung der Blutgefäße zurückführen, was eine häufige Begleiterscheinung von Diabetes ist.
“Die Atrophie ist eher auf eine direkte Schädigung der Hirnzellen zurückzuführen, wie sie auch bei degenerativen Erkrankungen wie Morbus Alzheimer auftritt“, erklärt Prof. Dr. med. Andreas Fritsche vom Universitätsklinikum Tübingen. Er erforscht mit seiner Arbeitsgruppe die Wirkung von Insulin auf das Gehirn.
Ob und inwieweit sich eine strenge Kontrolle des Blutzuckers auf die Entwicklung der grauen Hirnsubstanz auswirkt, konnte durch die Studie der US-Ärzte leider nicht beantwortet werden, da eine MRT-Untersuchung nur zu Beginn der Studie durchgeführt wurde. Dennoch steht für die Ärzte fest: Je besser die Blutzuckerwerte der Teilnehmer waren, desto geringer waren die Einbaußen an grauer Hirnsubstanz. Pro 50 Einheiten weniger Zucker im Blut stieg das Volumen der grauen Hirnsubstanz um 2,65 Kubikzentimeter. Auch wenn die Kontrolle des Blutzuckerwertes allein Laut Müller-Wieland keine alleinige Vorsorge gegen den Schwund der Hirnmasse darstellen kann, handelt es sich dennoch um ein probates Mittel. Aber auch die Normalisierung von Blutdruck und Blutfetten gehört zur Behandlung von Diabetes Typ 2. Eine gesunde und ausgewogene Ernährung in Kombination mit ausreichend Bewegung sind dabei wichtige Faktoren.