Öl als Energielieferant ist aus der heutigen Gesellschaft noch nicht wegzudenken. Nach Öl bohren ist demnach ebenso nötig wie preisintensiv. Mikroben sollen nun der Öl-Industrie dabei helfen herauszufinden, wo sich das Bohren lohnt.
Forscher unter der Leitung von Rainer Meckenstock vom Helmholtz-Zentrum für Grundwasserökologie in München haben die nützlichen Mikroben in einem See aus natürlichem Asphalt in Trinidad gefunden. Die komplexen Mikrobengemeinschaften können selbstständig Öl abbauen. Die Forscher entdeckten die Kleinstlebewesen in winzigen, eingeschlossenen Wassertröpfchen. Die Mikroben finden sich wahrscheinlich auch in anderen Öllagerstätten. Die Ergebnisse der Forscher könnten helfen abzuschätzen, wo sich eine Ölbohrung lohnt und wo nicht.
Pitch Lake heißt der Asphaltsee auf der Karibikinsel Trinidad, in dem die Forscher die Mikroben gefunden haben. Der See liegt über einer geologischen Störung, bei der Öl aus 1000 Metern Tiefe durch einen Riss in der Erdkruste nach oben fließt. Damit bietet der See eine seltene Möglichkeit, natürlich aufgestiegenes Öl zu analysieren. An den normalen Förderanlagen lässt sich nur Öl untersuchen, das unter hohem Druck gefördert und mit Wasser und anderen Unreinheiten versetzt wurde.
Am Pitch Lake jedoch ist die Situation anders. Das aufsteigende Öl wird zu natürlichem Asphalt, in dem die Forscher winzige, eingeschlossene Wassertröpfchen entdeckten. Diese haben ein Volumen von etwa ein bis drei Mikrolitern, also dem Bruchteil eines normalen Wassertropfens. In diesen Wassertropfen fanden die Wissenschaftler komplexe Gemeinschaften aus mehr als 20 verschiedenen Mikroorganismen. Dabei handelte es sich teilweise um einzellige Archaeen, teilweise um Bakterien.
Diese Lebensgemeinschaften haben eine sehr praktische Eigenschaft: Sie bauen das umgebende Öl ab, um aus ihm anaerob, also ohne Sauerstoffverbrauch, Energie zu gewinnen. Eine Eigenschaft, die für die Ölindustrie durchaus nützlich sein kann, da die Mikroben wahrscheinlich auch in anderen Ölvorkommen leben.
Bisher wurde davon ausgegangen, dass der Abbau sich nur unterhalb der Ölvorkommen abspielt, in einer Zone, in der sich Öl mit fossilem Wasser mischt. Mit den neu gewonnenen Erkenntnissen lässt sich möglicherweise eines Tages abschätzen, ob sich eine Bohrung lohnt und bis zu welcher Tiefe sie erfolgsversprechend ist. Aufgrund des hohen Preises für die einzelnen Bohrungen ist das eine durchaus wichtige Information.
Die Hoffnung von Küstenbewohnern, die Mikroben könnten dabei helfen, Ölkatastrophen einzudämmen, muss Rainer Meckenstock leider zerstören. Denn die Organismen beginnen erst mit dem Abbau, wenn das Öl verklumpt im Sand oder am Meeresboden gelandet ist. Angeschwemmtes Öl muss aerob, also unter Sauerstoffverbrauch, abgebaut werden. Zwar gibt es auch hierfür Mikrobenarten, aber diese arbeiten leider zu langsam, um in solchen Fällen wirklich hilfreich zu sein.
Auch Astrologen interessieren sich für den Pitch Lake. Dirk Schulze-Makuch von der Washington State Uniersity hält es für möglich, dass auf dem Saturnmond Titan bestimmte Lebensformen entstanden sind. Die Seen auf der Oberfläche von Titan sind dem Pitch Lake sehr ähnlich. Die Erkenntnisse seien ein Hinweis, dass auch auf Titan Leben oder Vorstufen davon entstanden sein könnten, so Schulze-Makuch.