Depressionen und Burnout sind in der heutigen Gesellschaft keine Seltenheit mehr und ein Grund, warum viele Arbeitnehmer das Rentenalter nicht erreichen. Die Gewerkschaften machen Druck auf die Bundesregierung, den Arbeitsschutz speziell im Bereich psychische Erkrankungen zu verbessern.
Das Rentenalter ist immer wieder gern das Subjekt zahlreicher Diskussionen. Sollen wir nun mit 65 oder 67 aufhören zu arbeiten? Oder gar früher? Oft außer Acht gelassen wird jedoch, dass viele Arbeitnehmer gar nicht mehr bis zum Rentenalter arbeiten. Psychische Erkrankungen wie beispielsweise Depressionen oder Burnout sortieren die Arbeitnehmer weit vor dem gesetzlichen Rentenalter aus.
Die deutschen Gewerkschaften sehen daher die Bundesregierung in der Pflicht, den Arbeitsschutz speziell in Bezug auf Überlastung im Job zu verbessern. Laut den Arbeitgeberverbänden ist es vor allem problematisch, dass die Betroffenen nicht schnell genug und nicht ausreichend behandelt werden.
Allein im Jahr 2013 trieb es nach Zahlen der Deutschen Rentenversicherung 66.441 Arbeitnehmer aufgrund psychischer Probleme in die Erwerbminderungsrente. Das sind fast 20.000 mehr als 8 Jahre vorher. Das Durchschnittsalter für den Einstieg in die Erwerbminderungsrente liegt dabei wegen psychischer Erkrankungen bei 49 Jahren.
Ingo Nürnberger, der als Sozialpolitik-Experte beim Deutschen Gewerkschaftsbund beschäftigt ist, sieht die Ursachen vor allen in den viel zu überzogenen Anforderungen der Industrie: “Die Ursachen sind vielfältig. Doch die Gestaltung der Arbeitszeit, der konkreten Arbeitsbedingungen und das Führungsverhalten in Unternehmen sind zentral. Oft herrschen große Arbeitsverdichtung und schnelle Taktzeiten”, so Nürnberger. Auch im Dienstleistungsbereich sieht der Experte derartige Probleme.
Auch die Rentenversicherung sieht Handlungsbedarf. Stress, Kommunikationsdruck und Jobunsicherheit seien brennende Probleme, denen es entgegenzutreten gälte. Allerdings sei es in den vergangenen Jahren auch zunehmend zu einer Enttabuisierung gekommen, die dazu führe, dass Ärzte schneller entsprechende Diagnosen stellen würden.
Laut einer Studie der DAK-Gesundheit läge die Ursache für die steigende Zahl psychischer Erkrankungen nicht nur in der Jobroutine, sondern auch in der Tatsache, dass viele Arbeitgeber das Gefühl haben, viel zu leisten, allerdings für diese Leistung nur wenig positive Rückmeldung zu bekommen.
Experten und Gewerkschaften fordern daher von der Bundesregierung, das Arbeitsschutzgesetz durch eine Anti-Stress-Verordnung zu ergänzen. Bisher herrscht innerhalb der großen Koalition über entsprechende Vorgaben eher wenig Einigkeit.
Besonders große Lücken bestünden auch bei der therapeutischen Versorgung der Erkrankten. Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände bemängelt die hohe Zahl an Erwerbstätigen, die aufgrund schlechter oder zu später Behandlung nicht mehr für den Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen.
Die Abgeordnete Beate Müller-Gemmecke von den Grünen, die als Sprecherin für Arbeitnehmerrechte fungiert, wirft der Bundesregierung vor, Veränderungen in der Arbeitswelt zu ignorieren. Eine Anti-Stress-Verordnung sei längst überfällig.